Yoga Wissen

hier möchte ich fortlaufend ein paar ausgewählte Informationen teilen, die mir helfen den Weg des Yoga besser zu verstehen und zu folgen. Vielleicht geben sie dir ebenfalls den Anreiz, tiefer das Yogauniversum einzutauchen.

Aber Yoga wirkt m.E. auch, wenn du „nur“ in dein eigenes Universum achtsam tiefer einsteigst und regelmäßig DEIN Yoga übst.

Der achtgliedrige Pfad des Yoga

Warum wir fasten

Endlich ein(e) andere(r) sein: Warum wir fasten

Von Kristin Rübesamen

Jeder kann zaubern…, wenn er fasten kann, schreibt Herman Hesse. Wir gehen weiter: Jeder kann fasten, der Yoga übt. Warum Yoga und Fasten eine unschlagbare Allianz bilden, erfährst du hier.

Bitte leg deine Faschingskrapfen kurz zur Seite und lass das Zitat aus „Siddartha“ wirken. Fasten und Zaubern? Wie geht das denn zusammen? Fasten ist ein mühevoller Prozess der Selbstkasteiung und der Askese und ganz sicher kein Zaubertrick (auch wenn das Uschi Glas jahrelang behauptet hat mit ihrer Ananas-Diät). Und doch steckt etwas Hübsches in diesem Zitat, denn tatsächlich haben Fasten und Zaubern etwas gemeinsam: den Willen zur Veränderung. Die Realität ändern. Mit Leichtigkeit. Als Belohnung werden Fesseln gesprengt, ein Huhn befreit, eine neue Identität ist geboren. Höchste Zeit, uns ein neues Bild vom Fasten zu machen, oder nicht?

Aber noch mal zurück auf Los. Warum will man überhaupt eine andere werden? Und wie wird man zu einer anderen? Arthur Rimbaud hat im 19. Jahrhundert mit seinem berühmten Satz „Je est un autre“ (Ich ist ein anderer) nichts anderes gesagt, als dass das „Ich“ immer auch ein anderer ist. Die Identität, an der wir uns festklammern, trägt bereits Andersheit in sich.

Worum geht es beim Fasten wirklich?

Die Frau, die eine Fastenkur bucht, weil sie sich dick und hässlich fühlt, weiß, dass in ihr eine schöne und starke Frau steckt, die nur darauf wartet, auszubrechen. Sie ahnt die Differenz, sie baut darauf. Mit dieser Erkenntnis der eigenen Differenz haben sich viele Philosophen und vor allem auch die Psychoanalyse im 20. Jahrhundert beschäftigt, tja, vor allem Männer: Jacques Derrida, Martin Heidegger, Theodor W. Adorno, Gilles Deleuze oder Sigmund Freud. Halten wir fest, dass diese andere, die in uns steckt, von deren Existenz man oft jahrezehntelang nichts spürte, und dann plötzlich doch, eine glücklichere andere ist. Eine, die es sich lohnt, auszugraben.

Es geht, du ahnst es, nicht um Kilos. Die Frau mit Übergewicht beginnt vielleicht mit einem Bild von einem Bikini-Model vor ihrem inneren Auge die Fastenkur, aber dieses Bild wird im Laufe des Fastens verblassen, und mit der Zeit werden die Konturen einer Frau sichtbar, der das Model nichts bedeutet. Es ist die Hoffnung auf den Neustart, neue Karten, die die Fastenden anfeuern. Fasten ist ein wichtiger Anfang, ein entscheidender Impuls, der den Weg frei macht für etwas Neues und tatsächlich Wunder wirken kann, indem er altes Zeug verschwinden lässt.

Zu den Hilfsmitteln gehört neben Glaubersalz und Gemüsebrühe, jenes ungesunde Verhalten zu ändern, das schlimmer ist als Toblerone-Eiscreme und vor dem in unserer Zeit wir von YogaEasy und Eckart Tolle warnen: Vergleich dich nicht! Genauer: Vergleich dich nicht mit anderen. Dieser Vergleich tut, außer du bist beinharter Narzisst und von deiner Überlegenheit tief überzeugt, nur selten gut. Ignorier diese Differenz. Die Differenz dagegen, oder sagen wir, das Ungleichgewicht, das wir ausgleichen wollen, liegt in uns und ist keine soziale Kategorie. Insofern ist Fasten ein Prozess der Annäherung, der behutsamen Veränderung von Körper und Seele, ein Ausgleich zwischen altem und neuem Ich, eine Transformation.

Was passiert beim Fasten?

Die Transformation, die im Fastenprozess stattfindet, findet auf mehreren Ebenen statt, auf der neurobiologischen, der emotionalen und der mentalen Ebene. Sie ist ein tiefgreifender Recyclingprozess. Du weißt das vermutlich, aber sicherheitshalber zur Erinnerung: Beim Fasten werden die Verdauungssäfte (Magensäure, Galle, Pankreas- und Darmsekrete) auf ein Minimum reduziert, ebenso die Peristaltik. Das Fasten saniert auch die Darmflora, da die pathologischen Bakterien keine Nahrung mehr bekommen. Die Darmschleimhaut geht vorübergehend zurück. Fasten unterbricht ebenfalls die Zufuhr von Nahrungsantigenen und -allergenen sowie entzündlichen Substanzen. Deshalb fasten Rheumapatienten so erfolgreich.

Diese Dynamik des Neustarts findet auch auf mentaler Ebene statt. Der Fastenprozess ist, wie schon beschrieben, ein Bewusstseinsprozess. Die Patienten erkennen auf einmal, wie eng und unerfreulich ihr Leben war. Dass ihnen Zalando nur kurzzeitig Freude macht, dass ihr Job sie anödet, dass sie Fernreisen in Wahrheit erschöpfen, dass sie gar nicht der Typ sind, der immerzu für alle Kuchen backen will. Dass sie am liebsten einen Tanzkurs machen möchten, anstatt sich von anderen Eltern anzuhören, wie schlimm die Lehrer in der Schule sind. Und das sind nur ein paar alberne Beispiele, wie du merkst. Es kann durchaus grundlegender werden, ohne dass die Fastenden vorher wissen, wonach sie eigentlich suchen. Mit dem Fasten spürten sie nach der anfänglichen Erschöpfung einen Pioniergeist und wissen vielleicht erst mal nur, dass sie nicht länger als Hasenfuß und in Schieflage leben wollen und neben der Körperchemie auch ihr Leben wieder ins Lot bringen wollen.

Ok, mit neuen Erfahrungen wird überall geworben, jeder Lippenstift, jede Lederpolitur verändert angeblich unser Leben. Neue Horizonte gibt es aber nicht so leicht. Denn mit jener Horizonterweiterung, für die oft im Zusammenhang mit Fasten geworben wird, sind nicht Kreuzfahrten gemeint, sondern ein Versprechen, das wir aus dem Yoga kennen, und zwar eine Erfahrung, die jeder Schritt vor die Tür bereithält, solange er mit offenen Augen unternommen wird, und von dem Gefühl begleitet wird, Zeit zu haben. Auch dieses Element kennen wir vom Yoga: Die Erfahrung, die wir in der Meditation machen, hat mit Zeit zu tun. Wir erleben Zeit anders. Manchmal wird uns die Zeit lang, manchmal wird es sehr laut in unserem Kopf, im Idealfall aber breitet sich eine Stille in uns aus, eine Weite, ein Frieden. Die Horizonterweiterung ist nicht ohne Risiko. Auch deswegen ist es keine schlechte Idee, an einem geschützten Ort zu fasten, genauso wie wir auch Yoga am besten unter der Obhut eines guten Lehrers üben, zumindest am Anfang.

Der innere Effekt des Fastens

Falls du dich nun bequem zurücklehnst und denkst, herrlich, ich werde einfach ein bisschen fasten und wache als neuer Mensch auf, sei gewarnt. Dürfen wir kurz an Hildegard von Bingen erinnern, die im Alter von 42 Jahren fastend plötzlich eine Stimme vom Himmel hörte, die ihr zurief: „Du hinfälliger Mensch, du Asche, du Fäulnis, sage und schreibe nieder, was du siehst und hörst.“ Sie notierte:

„Aus dem offenen Himmel fuhr blitzend ein feuriges Licht hernieder. Es durchdrang mein Gehirn und setzte mein Herz und die ganze Brust wie eine Flamme in Brand. Es verbrannte nicht, war aber heiß, wie die Sonne den Gegenstand erwärmt, auf den ihre Strahlen fallen. Plötzlich erhielt ich Einsicht in die Schriftauslegung, in den Psalter, die Evangelien und die übrigen Bücher des Alten und Neuen Testamentes.“

Hildegards Dinkelküche mal beiseite gelassen und den esoterischen Kitsch, der die mutige Vordenkerin aus dem fränkischen Hochadel (1098-1179) seit dem Mittelalter begleitet, verdanken wir ihr einen ganzheitlichen, geradezu pragmatischen Blick auf Körper und Geist. Ihr Talent, Zeichen und Stimmen wahrzunehmen, muss man nicht mystisch, sondern kann es auch als intellektuelle Fähigkeit und Sensibilität für andere Lebewesen interpretieren. Sie war eine wache Frau und hielt ihre Schwestern an, ebenfalls genau hinzusehen und zu notieren. Heute würden wir das Achtsamkeit nennen.

So unterschiedlich Fastenregeln sind, so individuell ist der Bewusstseinsprozess, der durch das Fasten angestoßen wird, denn die Gründe dafür, weshalb jemand fastet, sind sehr individuell. Zuletzt besitzt Fasten einen inneren Effekt, der ebenfalls an die Yoga-Praxis erinnert: die Möglichkeit, nach der Praxis/Kur Bilanz ziehen zu können. Deshalb üben wir Yoga nicht nur einmal, sondern regelmäßig. Deshalb fasten wir zyklisch.

Moderne Heilfaster suchen wie ihre Vorfahren in der Antike nicht nur nach Gesundheit, sondern nach Sinn und nach Antworten, die wir in unserem alltäglichen Leben nicht finden. Unsere Lebensumstände, auch wenn wir durch Ibuprofen 800, glutenfreies Bier und Zentralheizung wie die Götter leben dürfen, sind eben nicht sorgenfrei. Der Philosoph Ludwig Feuerbach schrieb den ausgelutschten und dennoch wahren Satz: „Du bist, was du isst“. Wenn du aber nichts isst, wer bist du dann?

Die Suche nach einer Identität ist eine lebenslange Aufgabe und ruft: „Erkenne dich selbst!“ Dieser Appell des Orakels von Delphi ist eine gute Orientierung, eine Frage, die wir uns regelmäßig stellen sollten. Ob beim Yoga oder beim Fasten, Antworten werden kommen. Ist doch toll.

Heilfasten zur Vorbeugung von Krankheiten

Und ganz zuletzt: Genau wie Yoga ist auch Fasten Prävention. Wenn man drei Kilo Übergewicht hat und zehn oder 20 Prozent höheren Blutdruck als normal, ist man noch nicht krank, wenn man jedoch so weitermacht, dann kann es anders aussehen. Vorzubeugen ist auf lange Sicht die günstige und ökonomische Option. Ein anderer zu werden, heißt also auch, einer zu werden, der Verantwortung übernimmt.

Genau wie sich nicht alle Yogis für die Yoga-Philosophie interessieren und den achtstufigen Weg der Erleuchtung, fasten nicht nur Menschen, die etwas ändern wollen, sondern auch die, die nichts ändern, nur körperlich etwas ins Lot bringen wollen. Gerade die, die regelmäßig fasten, tun es, ohne ein großes Theater darum zu machen. Das heißt aber nicht, dass es ihnen nicht wichtig wäre.

Moderne Heilfaster gehen davon aus, dass in ihnen etwas mehr steckt, als sie denken. Etwas Besseres kommt zum Vorschein. Darauf hoffen die Menschen. Das hat auch eine moralisch-spirituelle Komponente. Deswegen ist Fasten als Kulturtechnik in allen Religionen präsent. So wie auch Yoga den Lebensstil von immer mehr Menschen im 21. Jahrhundert prägt. Fasten ist eine Technik, um voranzukommen. Yoga auch. Beides immer mal wieder zu kombinieren, liegt auf der, ähem, Matte!

Kristin Rübesamen

Kristin Rübesamen ist zertifizierte Jivamukti- und Om-Yoga-Lehrerin. Sie hat über ein Jahrzehnt in New York und London gelebt und ihre Ausbildungen noch bei Sharon Gannon und David Life (Jivamukti) und Cyndi Lee (Om Yoga) persönlich gemacht. Als Yoga-Aktivistin, Chefredakteurin von YogaEasy und Yogalehrerin unterrichtet sie seit fast 20 Jahren einen sehr konzentrierten, gleichwohl herausfordernden Stil. Sie ist Autorin von „Alle sind erleuchtet” und „Das Yoga-ABC” .

Pranayama

Kapalabhati – das Schädelleuchten

Du willst mehr Energie haben, deine Verdauung verbessern, deine Bauchmuskeln trainieren und dabei auch noch entgiften? Dann ist Kapalabhati die perfekte Atemübung für dich! Wir zeigen dir, wie es geht.

Kapalabhati ist ein anregender Reinigungsatem mit verstärkter Ausatmung. „Kapala” heißt auf Sanskrit „Schädel” und „Bhati” bedeutet „leuchten” oder „Licht”. Davon abgeleitet kann man Kapalabhati mit „den Schädel zum Leuchten bringen” übersetzen. Den Namen „Schädelleuchten” hat die Übung bekommen, da viele Menschen nach einiger Übungsdauer von einem Gefühl großer Klarheit und Frische speziell im Kopf berichten. Möglicherweise kam der Name auch zustande, weil sich aufgrund des erhöhten Sauerstoffanteils im Blut oft ein leichtes Schwindelgefühl einstellt. Es geht schnell wieder vorbei – nämlich dann, wenn der Anteil von CO2 im Blut wieder ansteigt –, vorher aber entspannt dieses leichte Schwindelgefühl wunderbar den Geist. 

Effekte der Atemübung: Wie wirkt Kapalabhati?

Kapalabhati ist einer der effektivsten Detox-Atemübungen. Reinigend wirkt die Atmung aus zwei Gründen:

  • Zum einen wird durch die aktive Ausatmung der gesamte Bauchbereich aktiviert und durchblutet. Das führt dazu, dass die Verdauung gefördert wird – im Yoga sprechen wir dann davon, dass das ”innere Feuer”, Agni, angeregt wird. Das wiederum hat zur Folge, dass Entgiftungs- und Reinigungsprozesse des Körpers schneller und effektiver ausgeführt werden.
  • Zum anderen werden durch die verstärkte Ausatmung toxische Stoffen über die Atemluft aus dem Körper geleitet. Zur Erklärung: Bei der inneren Atmung in der Zelle entsteht als Abfallprodukt Kohlendioxid, also Kohlensäure. Dieses Gas (das wir als Sprudel aus der Mineralwasserflasche kennen) wird in gelöster Form im Blut zu einem Stoff, der den Körper stark belastet. Je höher seine Konzentration ist, desto mehr verschiebt sich der pH-Wert unseres inneren Milieus zum Sauren hin. Wir werden regelrecht innerlich sauer – und damit nicht nur anfälliger für Erkrankungen, sondern auch für den Angriff der „freien Radikalen”, jener hochaggressiven Sauerstoffverbindungen, die den Zellabbau beschleunigen, aber auch Krebs auslösen können. Durch eine verstärkte Ausatmung kann der Körper sich also dieser Giftstoffe entledigen.
  • Zudem wirkt die Übung aktivierend und schenkt neue Energie, weil die Sauerstoffzufuhr zum Gehirn angekurbelt wird.
  • Die Übung aktiviert und trainiert deinen Core, deine tiefe Bauchmuskulatur.
  • Sehr gute Erfahrungen wurden mit dieser Reinigungsatmung auch bei verstopften oder sogar entzündeten Nebenhöhlen gemacht, die auf diese Weise wieder belüftet werden und deren Schleimhaut wieder besser durchblutet wird. 

So führst du Kapalabhati korrekt aus

  • Komme in einen bequemen und aufrechten Sitz deiner Wahl.
  • Halte dir für einen ersten Versuch die Hand – oder ein Taschentuch – vor die Nase, und atme leicht schnaubend so aus, als wolltest du einen lästigen Fussel aus dem Nasengang entfernen.
  • Wenn du dich ganz auf das Ausschnauben konzentrierst, wird deine Einatmung ganz automatisch erfolgen (ebenso wie beim richtigen Schnauben). Dabei wird sich ausatmend deine Bauchdecke etwas nach innen bewegen und einatmend wieder vorschnellen. 
  • Wenn dir die Atemtechnik klar ist und du vor allem gespürt hast, dass du dich um deine Einatmung nicht kümmern musst, sondern sich ganz der aktiven Ausatmung widmen kannst, kannst du mit der eigentlichen Übung beginnen. 
  • Atme dafür tief und entspannt ein und beginne dann ganz leicht und fein schnaubend auszuatmen und automatisch einzuatmen. Mache auf diese Weise zuerst 20, dann 40, dann 60 Atemstöße. Halte den Oberkörper und Kopf dabei völlig unbewegt, einzig deine Bauchdecke sollte aktiv sein. 
  • Halte inne, wenn du beginnst zu ermüden, und spüre noch eine Weile ruhig nach.